Rechte Hetze im Netz: wann machen Strafanzeigen Sinn?

Wir vertreten immer wieder Menschen, die von rechter Hetze im Netz betroffen sind. Diese Hetze richtet sich gegen unsere Mandant*innen zum Beispiel aus rassistischer oder antisemitischer, aus queer- oder behindertenfeindlicher Motivation oder weil sie von rechten Hetzern als politische Gegner*innen eingeordnet werden. Eine Möglichkeit, sich hiergegen zu wehren, ist eine Strafanzeige, also die Mitteilung an die Strafverfolgungsbehörden über ein Verhalten, das möglicherweise strafbar ist. Mit diesem Artikel wollen wir Ihnen zeigen, was Sie alles anzeigen können. Wo und wie Sie das am besten machen, beschreiben wir in einem weiteren Beitrag. (Auch andere Möglichkeiten, sich gegen rechte Hetze zu wehren, insbesondere die Abmahnung und die Unterlassungsklage, beschreiben wir in einem gesonderten Artikel.)

Das Vorgehen über eine Strafanzeige hat für Sie einige Vorteile:

Erstens können Sie eine Anzeige auch dann erstatten, wenn Sie nicht wissen, wer genau hinter der Äußerung steckt, sondern z.B. nur einen Usernamen haben. Die Ermittlung, wer sich dahinter versteckt, ist dann Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden. Allerdings zeigt die Erfahrung auch, dass der Aufwand, den die Behörden insoweit betreiben, und dementsprechend auch die Aufklärungsquote oft gering ist.

Zweitens fallen für Sie keine Kosten an – auch wenn die Behörden die verantwortliche Person nicht ermitteln können oder sich herausstellt, dass die angezeigte Äußerung doch nicht strafbar ist, fallen keine Kosten für Sie an.

Sie können eine Strafanzeige grundsätzlich auch ohne anwaltliche Unterstützung stellen – auch insoweit zeigt indes die Erfahrung, dass Ermittlungen oft mit mehr Nachdruck geführt werden, wenn jemand den Behörden „auf die Finger schaut“.

Ein wesentlicher Nachteil des strafrechtlichen Vorgehens ist, dass die beschuldigte Person später im Verfahren über eine Akteneinsicht an ihre persönlichen Daten, insbesondere ihre Adresse, kommen kann. Kommt es zu einer strafrechtlichen Hauptverhandlung, kann es zudem dazu kommen, dass sie als Zeug_in geladen werden und vor Gericht aussagen müssen. Sollte das für Sie eine Gefahr darstellen, brauchen Sie dringend anwaltliche Beratung.

Eine Strafanzeige ist unter anderem möglich bei Äußerungen, von denen Sie selbst betroffen sind. (Daneben können Sie auch Straftaten, die nicht Sie selbst, sondern die Allgemeinheit betreffen, anzeigen, etwa volksverhetzende Äußerungen oder die Verwendung von nationalsozialistischen Parolen oder Symbolen. Das stellen wir in einem gesonderten Artikel dar.)

Strafbar ist zum einen die Beleidigung – wobei nicht alles, was eine Person als beleidigend empfindet, auch von der Justiz als Beleidigung angesehen wird. Insbesondere Bezeichnungen, die auch als Beschreibung von Verhalten einer Person verstanden werden können, sind oft von der Meinungsfreiheit geschützt, so etwa die Bezeichnung von politischen linken Menschen als „Linksextremisten“.

Strafbar ist es auch – als üble Nachrede bzw. als Verleumdung –, falsche Tatsachen über eine andere Person zu behaupten. Schwierigkeiten kann hier in der Praxis die Unterscheidung machen, ob jemand eine konkrete Tatsache über jemand behauptet oder nur eine eigene Bewertung/Meinung zu der Person abgibt.

Strafbar ist es auch, jemand die Begehung bestimmter Straftaten – etwa einer Körperverletzung, einer Sexualstraftat oder auch einer erheblichen Sachbeschädigung – anzudrohen. Bei der Bedrohung kommt es in der Praxis oft darauf an, was eine echte Drohung im Sinne einer ernstzunehmenden Ankündigung ist und was erkennbar nur eine hohle Phrase.

Auch die Verbreitung von „Bildnissen“ anderer, also von Fotos oder auch Videos, auf denen die abgebildete Person – und sei es nur für Freund_innen oder Kolleg_innen – zu erkennen ist, kann strafbar sein als Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz. Es gibt aber eine Reihe von Gründen, die eine Veröffentlichung auch ohne Zustimmung der abgebildeten Person erlauben. Das betrifft etwa einen Bilder von Demonstrationen, an denen die Person teilgenommen hat, zum anderen „Bildnisse der Zeitgeschichte“, also Bilder, die ein Geschehen zeigen, an dessen Offenlegung die Öffentlichkeit ein Interesse hat.

Das bloße Herstellen von Bildern – etwa das Fotografieren mit dem Handy – ist für sich genommen nicht strafbar, es sei denn, die Person befindet sich in einer Wohnung oder einem ähnlich geschützten Raum und die Bilder verletzen ihren höchstpersönlichen Lebensbereich (etwa bei „Spanner“-Aufnahmen) oder das Bild stellt die Hilflosigkeit einer Person zur Schau und verletzt deren höchstpersönlichen Lebensbereich (etwa bei Bildern von Opfern von Unfällen oder Straftaten). Bei anderen Bildaufnahmen ist der Bereich der Strafbarkeit erst mit Veröffentlichung erreicht. (Wollen Sie eine Veröffentlichung verhindern, bieten sich u.U. ein zivilrechtliches Vorgehen an, auch hierzu folgt ein gesonderter Beitrag.)

Strafbar ist auch die „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“. Das betrifft das „nichtöffentliche gesprochene Wort“ einer anderen Person, also etwa ein Telefonat oder ein Gespräch im privaten Raum. Hier ist übrigens nicht erst die Veröffentlichung, sondern schon die Aufnahme ohne Zustimmung der anderen Person strafbar! Ausnahmen gelten hier v.a., wenn die Aufnahmen zur Sicherung von Beweisen gelten soll, etwa weil die aufgezeichnete Person ihrerseits Straftaten begeht.

Schließlich kann auch die Verbreitung von persönlichen Daten wie insbesondere Wohnanschriften eine Straftat darstellen, wenn die Art und Weise der Verbreitung „geeignet und nach den Umständen bestimmt“ ist, die Person oder ihre Angehörigen der Gefahr bestimmter erheblicher Straftaten auszusetzen. Zu dieser recht neuen Strafvorschrift ist die Grenzziehung zwischen zulässiger Berichterstattung und unzulässigem „gefährdenden Verbreiten personenbezogener Daten“ nicht immer eindeutig.

Das sind einige der häufigsten Straftaten, die durch rechte Hetze im Netz verwirklicht sein können. Dazu, wie und wo Sie am besten Strafanzeige erstatten können und was Sie noch beachten müssen, informieren wir Sie in einem weiteren Artikel.

Melden Sie sich gerne bei uns, wenn Sie eine Beratung benötigen, ob eine Strafanzeige in Ihrem Fall Sinn macht, oder wenn Sie möchten, dass wir das für Sie übernehmen.